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99% der Südsudanesen haben gewählt und, nach vorläufigen Angaben, haben sich 98,8% für die Unabhängigkeit vom Norden entschieden. Wenn am 9. Juli die Unabhängigkeit offiziell ausgerufen wird, ist der 54. Staat Afrikas und der 193. auf der Erde geboren. Im Norden des Sudan soll es zu Massenprotesten im Stil von Tunesien und Ägypten gekommen sein, um den Rücktritt von Präsident Bashir zu fordern und eventuell eine Teilung des Landes zu verhindern. Noch ist nicht klar, wie das Verhältnis der beiden Staaten wegen Grenzverlauf und Verteilung der Erdöleinkommen sein wird.
Die Preise für Grundnahrungsmittel sind seit dem Referendum um etwa 50% gestiegen. Grund dafür sind die schrumpfenden Importe aus dem Norden, verminderte Getreidelieferungen von umliegenden Ländern, reduzierte Subventionen und Hunderttausende Südsudanesen, die in ihre Heimat zurück kehrten.
Teilergebnisse des glaubwürdigen und von aller Welt beobachteten Referendums deuten auf das Entstehen eines neuen Staates hin, den 54. in Afrika, der am 9 Juli ausgerufen werden soll. Flagge und Nationalhymne stehen fest, aber nicht der Name. Es wird eine Riesenaufgabe zu bewältigen sein. Die beiden Präsidenten müssen sich über Grenze und Bodenschätze einigen. Der Südsudan hat eine minimale Infrastruktur. Es fehlt an Straßen, Krankenhäusern, Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser und Schulen. Die Kindersterblichkeit liegt bei 30-40%, die Analphabeten Rate bei 85%. 90% der Bevölkerung muss mit unter einem Euro pro Tag auskommen.
Weil Hassein al-Turabi vor einer tunesien-artigen Revolte gewarnt hatte, wurde er von Sicherheitsbeamten abgeführt. Solch ein Ausbruch sei bei wachsender Armut, steigenden Preisen, mangelnder politischer Reform und der Furcht vor der Trennung des Südens auch im Sudan gut möglich. Dazu ist der Sudan schwer bewaffnet. Die Oppositionsparteien, darunter auch Turabis, haben Tunesien gratuliert und verlangen nun ein Ende ihres eigenen totalitären Regimes.
In den ersten drei Tagen des Referendums wurde die zur Gültigkeit notwendige Marke von 60% Beteiligung überschritten. Die SPLM wünscht sich 100%. Während im Süden die Abstimmung mit Freudentänzen begann, starben in der Grenzregion um Abyei etwa 30 Menschen, Polizisten sowie Demonstranten. Am Montag geriet eine Buskolonne, die Wähler in den Süden bringen wollte, an der Grenze in einen Hinterhalt. Es gab 10 Tote und 18 Verletzte. Die Auswertung der Abstimmung könnte noch bis Mitte Februar dauern. Mit einer überragenden Mehrheit für die Trennung von Khartum muss gerechnet werden.
Das morgen beginnende Referendum im Südsudan öffnet nie da gewesenen Chancen für Frieden und Freiheit, sagt der Bischof von Tambura Yambio optimistisch. Ein anderer warnt vor einer „humanitären Tragödie“, wenn Millionen Südsudanesen in ihre Heimat zurückkehren müssten, denn es mangelt dem Südsudan an Infrastruktur und den Mitteln, sich solch einer Herausforderung zu stellen. Die Spannungen zwischen Norden und Süden um das erdölreiche Gebiet ist die Befürchtung aller. Caritas International ruft beide Seiten zu Toleranz auf, ist aber gleichzeitig für eine Notsituation gerichtet. Der afrikanische Kurienkardinal Turkson nennt das Referendum „folgenschwer“, die mögliche Gründung des 54. afrikanischen Staates. Er räumt das Ausbrechen von Feindseligkeiten ein, erwartet aber keinen Krieg.
Sudans Präsident Bashir sagt in Juba, er sei betrübt über die mögliche Spaltung des Landes, wäre aber auch froh, wenn dadurch echter Friede in beiden Landesteilen herrschen würde. Er versprach auch technische und logistische Hilfe aus Khartum. Beobachter sehen darin eine wachsende Einsicht, dass das eine Woche dauernde Referendum nicht mehr verhindert werden kann. 3,900,000 Wähler sind registriert. Zum ersten Mal seit 1898 können sie selbst über ihre Zukunft entscheiden.
Um einen mögliche Bürgerkrieg zu verhindern, hat der Schauspieler George Clooney zusammen mit Google und den Vereinten Nationen in der Grenzregion eine Überwachung durch Satelliten gestartet. Sollte sich der Süden für eine Trennung vom Norden entscheiden, könnte es für Elemente aus dem Norden, die den Erdölreichtum im Süden nicht verlieren wollen, schwer sein, der Kontrolle von oben zu entgehen. Truppenbewegung, brennende Dörfer und Flüchtlingsströme können dokumentiert werden. Es ist das erste Projekt dieser Art in einer potentiellen Krisenregion.
Knapp drei Wochen vor dem wichtigen Referendum sind Mubarak aus Ägypten und Gaddafi aus Libyen auf Besuch in Khartum, um mit Präsident al-Bashir und dem Präsidenten des semi-automomen Südsudan, Salva Kiir, über ausstehende Fragen im Zusammenhang mit dem Volksentscheid zu verhandeln. Beide Staatschefs sind an einer friedlichen Lösung interessiert. Ein erneuter Krieg würde wieder Flüchtlingsströme in ihre Länder bringen. Im Sudan beten Christen und Muslime gemeinsam um Frieden – für die meisten Sudanesen das höchste Ziel.
Nach „Catholic News Service“ Berichten sollen sich die Bewohner der zukünftigen Grenzregion in Sicherheit begeben. Man spricht von einem Exodus in den Norden. Die Menschen im Süden hätten Angst vor Luftangriffen und Gewalt, sollte das Referendum am 9 Januar die Unabhängigkeit des Südsudan bringen.
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