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Nach Zusammenstößen in Benghasi und Al-Bayda im Nordosten des Landes riefen die Regierungsgegner übers Internet für heute zu einem „Tag des Zornes“ auf. Die Regierung geht hart vor, so dass die meisten Gruppen nachts demonstrieren. Pro-Gaddafi Kundgebungen mischen sich unter die Gegner des unumschränkten Herrschers von Libyen seit der Revolution in 1969. Die EU hat Libyen aufgefordert, der Bevölkerung das Recht auf Meinungsäußerung zuzugestehen und „jede Gewalt zu vermeiden“. Man spricht bis jetzt von 14 Toten.
Beim 3. Gipfeltreffen der EU mit den Ländern Afrikas hat Gaddafi gedroht, seine Bemühungen um die Eindämmung der illegalen Migration von Afrika nach Europa sofort einzustellen, wenn er nicht jährlich fünf Milliarden Euro erhält. Dann würde der „christliche, weiße“ Kontinent eben „schwarz“. Da Libyen die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat und kein Asylverfahren kennt, ist es fraglich, ob man überhaupt mit dem Land zusammen arbeiten kann, da abgefangene Flüchtlinge Misshandlungen ausgesetzt sind.
Wenn sich 80 Staaten von Europa und Afrika an den beiden letzten Novembertage in Tripolis treffen, werden heftige Auseinandersetzungen erwartet. Im Vorfeld hat der aus Ghana stammende Kardinal Turkson, Präsident des Päpstlichen Rates „Justitia et Pax“, Europa gemahnt, Afrika ernster zu nehmen und „den Afrikanern auf Augenhöhe zu begegnen“. Die „Leere“, die die Kolonialmächte in seinem Heimatkontinent hinterlassen haben, würde nun von China gefüllt. Europa müsse alles tun, diese Leere wieder zu verringern und afrikanische Entwicklungsschritte in Armutsbekämpfung, Transparenz und guter Regierungsführung unterstützen.
Bei ihrer Konferenz in Malta letzte Woche haben die Vertreter der verschiedenen Länderbüros der Jesuiten – Flüchtlingsdienste sich für Migranten aus Afrika eingesetzt. Sie sind besorgt über die geplante Zusammenarbeit der EU-Kommission mit Libyen. Abschiebungshaft, die Migranten mit Kriminellen gleichstellt, sollte nicht angewandt werden.
Bei seinem Besuch in Rom anlässlich des Jahrestags der italienisch-libyschen Freundschaft hat Gaddafi um fünf Milliarden Euro jährlich gefragt. Als Gegenleistung will er Europa helfen, Millionen Migranten aufzuhalten, die aus Europa bald ein zweites Afrika machen würden. Der Aufruf des exzentrischen Machthabers, Europa solle sich zum Islam bekehren, stieß auf heftige Kritik.
BP will in den nächsten Wochen eine Bohraktion im Golf von Sirte vor der Küste Libyens starten. Das Abkommen mit Libyen über die Öl – und Gasentwicklung wurde schon 2007 unterzeichnet. Nach der Katastrophe im Golf von Mexiko werden kritische Stimmen laut. Auch wird die Freilassung des Lockerbie Bombers mit der Ölkonzession in Verbindung gebracht.
28 Migranten aus Afrika wurden von ihrem sinkenden Schiff gerettet und nach Malta gebracht. Seit dem viel kritisierten Abkommen mit Tripoli, dass Flüchtlinge in internationalen Gewässern nach Libyen gebracht werden dürfen, sind die Zahlen drastisch gesunken. Letztes Jahr machten noch 1,475 Migranten ihren Weg nach Malta, im Jahr davor sogar 2,775.
Wegen angeblich „illegalen Aktivitäten“ muss die UN-Vertretung ihr Büro in Tripolis schließen. Hauptaufgabe der Mitarbeiter war, Flüchtlingen und Asylsuchenden humanitäre Hilfe zu geben. Es ist ein harter Schlag für die Migranten aus umliegenden Ländern, die von libyschen Häfen in oft maroden Schiffen die gefährliche Reise nach Europa antreten. Weil es nie ein Abkommen unterzeichnet hat, fühlt Libyen sich nicht gebunden.
Verärgert über Gaddafis Vorschlag, Nigeria in zwei Staaten - einen muslimischen und einen christlichen - aufzuteilen, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, hat Nigeria seinen Botschafter von Libyen zurück gerufen. Seine Aussage sei verantwortungslos. Obwohl die Gewalt, die dieses Jahr schon Hunderte Menschenleben kostete, zwischen den beiden religiösen Gruppen ausbrach, sind die eigentlichen Gründe eine komplexe Mischung von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Differenzen.
Bei einer Gedenkfeier zu Mohammeds Geburtstag in Bengasi hat der libysche Führer Gaddafi zu einem heiligen Krieg gegen die „ungläubige und abtrünnige“ Schweiz aufgerufen. Seit der Festnahme von Gaddafis Sohn in der Schweiz, und der Vergeltungsmaßnahme gegen zwei Schweizer Geschäftsleute in Libyen vor zwei Jahren sind die diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Dazu kommt die Verärgerung über das Minaretten Verbot nach dem Referendum im November 2009.
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