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Nach vier Wochen Haft in der westlibyschen Stadt Al-Sinta ist das Mitarbeiter Team des Internationalen Gerichtshofs wieder frei. Hauptangeklagte waren die Australierin Melinda Taylor und ihre Übersetzerin, denen man vorgeworfen hatte, dem dort inhaftierten Gaddafi Sohn geheime Unterlagen übergeben zu haben. Die beiden männlichen Kollegen aus Russland und Spanien blieben aus Solidarität bei ihnen. Inzwischen sind alle zurück in Den Haag.
Kurz nach dem Bombenanschlag auf die US-Botschaft, wurde der diplomatische Konvoi der britischen Vertretung in Bengasi von einer Panzerfaust getroffen. Zwei Sicherheitsmitarbeiter wurden verletzt. Auch das Büro des Roten Kreuzes in Misrata wurde angegriffen. Die Übergangsregierung hat ernste Probleme, die immer wieder auftretenden Gefechte der Rebellengruppen einzudämmen. Auch musste die anstehende Wahl für die Nationalversammlung aus logistischen Gründen auf den 7. Juli verschoben werden.
Eine Bombenexplosion beschädigte das Gebäude der US Botschaft in Bengasi. Menschen kamen nicht zu Schaden. Motiv und Täter sind unbekannt. Erst kürzlich waren der Flughafen von Tripolis und das Büro des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes Zielscheiben. Man vermutet einen Zusammenhang zwischen den Attacken und den bevorstehenden Wahlen.
Verärgerte Milizen der al-Awfia Brigade sind mit gepanzerten Fahrzeugen auf Tripolis Start- und Landebahn gerollt und haben den Luftverkehr lahm gelegt. Sie fordern die Freilassung ihres Anführers, der entweder entführt wurde oder, wie sie vermuten, zum Verhör am Flughafen festgehalten wird. Um ihre Drohung zu verstärken, haben sie unter jedes der sechs geparkten Flugzeuge einen mit Raketen versehenen Pick-up Lkw gestellt.
Libyen hat die EU vor mehr Migranten aus Nordafrika gewarnt. Einige Boote sind bereits in Sizilien und Malta angekommen. Die Flut von Flüchtlingen im Zug des „arabischen Frühlings“ hatte nachgelassen, aber jetzt, so fürchten die Verantwortlichen, könnten die Migranten das gute Wetter zur Überfahrt nach Südeuropa nutzen. Italiens Außenminister Terzi hat schon um Hilfe in Brüssel gebeten.
Knapp zwei Monate vor den ersten allgemeinen Wahlen, um ein 200-Mitglieder Gremium zum Schreiben einer neuen Verfassung zu bilden, hatte der Übergangsrat ein neues Gesetz erlassen, das alle Parteien auf religiöser Basis verbannte. Die Muslimbruderschaft, die bestorganisierte politische Bewegung, verurteilte die Entscheidung vehement; sie gäbe nur den Liberalen eine Chance. Der Übergangsrat behauptete jedoch, das Gesetz sei im Interesse der „Nationalen Einheit“ erlassen worden. Inzwischen wurde der Bann wieder aufgehoben.
Um Probleme mit lokalen Sicherheitsbehörden zu vermeiden, finden alle Gottesdienste der Karwoche und Ostern tagsüber statt. Die Menschen sehnen sich nach Normalität. Besonders in der Fastenzeit seien die Sonntagsmessen überfüllt. An Ostern wollen sich acht Migranten aus Subsahara taufen lassen.
Seit Montag wüten Gefechte um die Wüstenstadt Sehba. Von 70 Toten und 150 Verletzten ist die Rede. Die arabischen Stämme kämpfen gegen Angehörige der schwarzafrikanischen Toubou, die die Aktion als „ethnische Säuberung“ bezeichnen. Da die neue Zentralregierung keine flächendeckende Kontrolle über große Teile des Landes hat, werden die zerstrittenen Stämme und Milizen weiter kämpfen. Der Vertreter von Sehba ist aus Protest gegen die „Passivität“ vom Nationalen Übergangsrat zurückgetreten.
Senussi, der Schwager Gaddafis, der als Leiter des Geheimdienstes eine zentrale Rolle im System spielte, wurde nach monatelanger Flucht in Mauretanien festgenommen. Für seine Verbrechen, besonders während den Aufständen im vergangenen Jahr liegen Auslieferungsanträge von Den Haag, Paris und Tripolis vor.
Die ölreiche Region um Bengasi hat sich am Dienstag als autonom erklärt, wäre aber bereit, die außenpolitischen Entscheidungen von Tripolis anzuerkennen. Bengasi und die Region Cyrenaika fühlten sich schon immer vernachlässigt. Hier begann auch der Aufstand im Februar 2011. Der Präsident des Nationalen Übergangsrat jedoch ist nicht bereit, Libyen zu teilen; wenn nötig, würde er die Einheit „mit Gewalt“ verteidigen.
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