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Gestern hat er die Erstürmung Bengasis vorbereitet und mit Vergeltungsschlägen im Mittelmeerraum gedroht, falls ausländische Truppen sein Land angreifen. Heute sprach das Regime erstmals von Waffenruhe. Trotzdem gehen die Kämpfe weiter und Bomben fielen auf Misrata. Nach französischen Angaben sollen die Luftangriffe „in einigen Stunden“ beginnen. Die historische Entscheidung des UN-Sicherheitsrates schließt alle militärischen Handlungen ein, außer Bodentruppen, die zum Schutz der zivilen Bevölkerung und ihrem Streben nach Freiheit notwendig sind.
Während die EU in Brüssel einen Krisengipfel hält, die Nato in Bereitschaft ist, die Arabische Liga sich gegen Gaddafi stellt, die USA humanitäre Hilfsteams schicken will und die AU jede Einmischung in Afrika ablehnt, gehen erbitterte Gefechte weiter. Gaddafi mit seinem riesigen Waffenarsenal und einer gut ausgerüsteten Luftabwehr drängt die Aufständischen immer weiter zurück. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Bis auf einen Apell um „eine friedliche Lösung des Konfliktes“ hat sich die Afrikanische Union nicht öffentlich zu den Exzessen in Libyen geäußert. Der derzeitige Vorsitzende der AU, Präsident Obiang von Äquatorial Guinea, ist ein Komplize von Gaddafi, dem man ein ähnliches Verhalten zutraut. Fast alle haben vom Geld des Diktators in Tripolis profitiert. Für etwa 20 Länder zahlte Gaddafi die AU Mitgliedsbeiträge; er finanzierte Rebellengruppen und Regierungsparteien, auch Mandelas ANC. Südafrika belieferte Gaddafi noch voriges Jahr mit Waffen. Es ist das Schweigen der AU und das Verhalten der afrikanischen Söldner, die Gaddafi beschützen, die die aufständischen Libyer wütend machen und einen neuen Rassismus aufkommen lassen.
Sicherheitsbeamte berichten, dass Gaddafi 800 Tuareg separatistische Kämpfer aus Niger, Mali, Algerien und Burkina Faso angeworben hat, um den Widerstand der eigenen Bevölkerung gegen sein Regime zu brechen. Unter den Söldnern sind vielfach Rebellen, die vor einigen Jahren gegen ihre Regierung kämpften. Jetzt ist es das schnelle Geld, das sie anlockt.
Gaddafis Getreuen haben Krankenhäuser gestürmt und die Verletzten kurzerhand umgebracht. Verlassen von den eigenen Streitkräften, stützt sich der Diktator auf mutmaßliche Söldner aus Subsahara Afrika, die schonungslos vorgehen. Mehrere Rebellengruppen und Präsidenten vom Senegal bis Simbabwe stehen in Gaddafis Schuld. Die Verzweiflung wächst. Nach dem Freitagsgebet ist ein Marsch auf die Hauptstadt Tripolis geplant.
Doch die Horrorszenen in den Straßen gehen weiter. Gaddafis Drohrede, in der er seine Gegner als „Kakerlaken und Ratten“ beschimpfte, wurde nur mit Wut und Spott vernommen. Er will sich nicht beugen, sondern kämpfen und als „Märtyrer“ sterben. Inzwischen geht die Evakuierung ausländischer Bürger massiv weiter.
Die tagelangen gewaltsamen Massenproteste gegen Staatschef Muammar al Gaddafi haben sich auf Tripolis ausgeweitet. Die Hafenstadt Bengasi, scheint in der Hand der Protestbewegung zu sein. In mehreren Städten des Südens hätten sich die Menschen der Revolution angeschlossen, behaupten Oppositionelle.
Nach Zusammenstößen in Benghasi und Al-Bayda im Nordosten des Landes riefen die Regierungsgegner übers Internet für heute zu einem „Tag des Zornes“ auf. Die Regierung geht hart vor, so dass die meisten Gruppen nachts demonstrieren. Pro-Gaddafi Kundgebungen mischen sich unter die Gegner des unumschränkten Herrschers von Libyen seit der Revolution in 1969. Die EU hat Libyen aufgefordert, der Bevölkerung das Recht auf Meinungsäußerung zuzugestehen und „jede Gewalt zu vermeiden“. Man spricht bis jetzt von 14 Toten.
Beim 3. Gipfeltreffen der EU mit den Ländern Afrikas hat Gaddafi gedroht, seine Bemühungen um die Eindämmung der illegalen Migration von Afrika nach Europa sofort einzustellen, wenn er nicht jährlich fünf Milliarden Euro erhält. Dann würde der „christliche, weiße“ Kontinent eben „schwarz“. Da Libyen die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat und kein Asylverfahren kennt, ist es fraglich, ob man überhaupt mit dem Land zusammen arbeiten kann, da abgefangene Flüchtlinge Misshandlungen ausgesetzt sind.
Wenn sich 80 Staaten von Europa und Afrika an den beiden letzten Novembertage in Tripolis treffen, werden heftige Auseinandersetzungen erwartet. Im Vorfeld hat der aus Ghana stammende Kardinal Turkson, Präsident des Päpstlichen Rates „Justitia et Pax“, Europa gemahnt, Afrika ernster zu nehmen und „den Afrikanern auf Augenhöhe zu begegnen“. Die „Leere“, die die Kolonialmächte in seinem Heimatkontinent hinterlassen haben, würde nun von China gefüllt. Europa müsse alles tun, diese Leere wieder zu verringern und afrikanische Entwicklungsschritte in Armutsbekämpfung, Transparenz und guter Regierungsführung unterstützen.
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