logo Netzwerkafrika
Während auf Anweisung des Übergangsrats Planierraupen unter Beifall der Umstehenden die festungsartige Resident Gaddafis in Tripolis abreißen, finden die Truppen, die nach heftigen Kämpfen Bani Walid einnehmen, 100 Leichen in einem Krankenhaus. Die Zustände seien katastrophal. Gaddafi selbst wird immer noch in Libyen vermutet, um entweder einen islamischen Staat im Süden des Landes auszurufen oder den neuen libyschen Staat durch gesäte Zwietracht zwischen den Stämmen und Parteien zu destabilisieren.
Laut des Päpstlichen Nuntius, Erzbischof Caputo, der für Malta und Libyen zuständig ist, hat die neue Regierung zu verstehen gegeben, dass sie die Katholische Kirche als „positiven Einfluss neben den muslimischen Brüdern“ sieht. Der erste offizielle Kontakt mit dem Übergangsrat gäbe „Hoffnung auf eine gute Zukunft“. Inzwischen dankte Bischof Martinelli von Tripolis der italienischen Regierung, dass die Luftwaffe des Landes 25 Verletzte aus Libyen zur Behandlung in römische Krankenhäuser transportiert hat.
Tausende, die es vorher nicht geschafft haben, nutzen heute die Kampfpause, um aus Gaddafis Geburtsstadt Sirte zu fliehen, da die humanitäre Lange immer unerträglicher wird Die Truppen des Übergangsrats planen einen neuen Großangriff. Die Kämpfe dauern schon zwei Wochen; nun wollen sie sich für den Endkampf rüsten.
In 15 Anlagen südlich von Bengasi fördert der italienische Energiekonzern ENI etwa 31,900 Barrel Öl täglich. Weitere Gebiete sollen folgen. Bis die tägliche Produktion wieder 1,6 Millionen Barrel am Tag erreicht, wie vor dem Krieg, könnte es noch ein Jahr dauern. Inzwischen hat der Angriff von Gaddafi Kriegern aus Algerien heraus auf grenznahe Städte die Angst vor einem Untergrundkrieg aufkommen lassen.
Nach mehreren Rückschlagen sind die Kämpfer des Nationalen Sicherheitsrats auf die Oase Bani Walid vorgerückt, wo sich einer von Gaddafis Söhnen verkrochen haben soll, und vielleicht sogar sein Vater.
Heute werden Präsident Sarkozy und Premier Cameron in Libyen erwartet für die ersten Gespräche mit Vertretern des Nationalen Übergangsrats seit Gaddafis Sturz. Von Tripolis wollen die Besucher nach Bengasi weiterfliegen. Inzwischen hat der Übergangsrat um Waffen gebeten, um die Gebiete im Land zu erobern, von denen aus Gaddafi seine Rache plant. Sorge bereitet der Fund von dreizehn Massengräbern in den vergangenen drei Wochen, meldet das Rote Kreuz.
Gaddafis Sohn Saadi wurde am Samstag in einem aus Libyen kommenden Konvoi gefasst, berichtet ein Sprecher der nigrischen Armee. Er soll schon das vierte von acht Kindern des gestürzten Diktators sein, das ins Ausland geflüchtet ist. Bevor Saadi Fußballprofi in Italien wurde, hatte er eine Eliteeinheit seines Vaters geführt.
Bischof Martinelli von Tripolis sprach von Gottesdiensten in Sicherheit. Nur die medizinische Behandlung sei wegen Medikamentenmangel sehr schwierig. Äußerst ernst sei auch die Lage der afrikanischen Gastarbeiter, die von beiden Seiten viel Ablehnung und Schikane erfahren.
Zu der von Sarkozy und Cameron einberufenen Konferenz sind Abgesandte von 60 Ländern und Organisationen eingeladen. Russland hat unmittelbar zuvor den Nationalen Übergangsrat anerkannt. Nun geht es um Wiederaufbau, Freigabe libyscher Gelder und das Einläuten einer libyschen Demokratie. Für über 40 Jahre wurde am 1. September die Machtergreifung Gaddafis gefeiert.
Viele der 10.000 von Gaddafi angeheuerten Söldner aus den Nachbarstaaten Niger, Mali, Tschad und Sudan haben auf der Flucht die Grenzen nach Mali und Niger überschritten. Etwa 4.000 gehören dem Volk der Tuareg an. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) spricht von 3 Millionen ausländischen Arbeitern in Libyen und will versuchen, bei der Rückkehr in die Heimat zu helfen. Gaddafis Frau, zwei Söhne und eine Tochter haben sich nach Algerien abgesetzt. 10.000 Häftlinge wurden befreit, von weiteren 50.000 fehlt jede Spur.  
­