UNICEF ist empört, dass Regierungssoldaten die speziell für Kinder zum Schulanfang gerichteten Rucksäcke plünderten. Seit Beginn der Kämpfe haben beide Seiten große Mengen Nahrungsmittel und Medizin von Depots, Schulen und Krankenhäusern gestohlen. Dieser eklatante Raub zeugt von einer totalen Missachtung der Nöte der Zivilbevölkerung.
Seit Unterzeichnung des Waffenstillstands haben die Kämpfe nachgelassen, aber nicht aufgehört. Nun könnte die Ankündigung von Präsident Kiir, dass er die Anführer des angeblichen Putsches vor Gericht stellen will, die fragile Waffenruhe bedrohen.
Der Erzbischof von Canterbury will diese Woche den Südsudan und die andern von Gewalt geplagten Länder der Region der Großen Seen, wie DR Kongo, Burundi und Ruanda, besuchen. Er will seine Solidarität bekunden und mit den lokalen anglikanischen Bischöfen auf gute Zusammenarbeit zum Wohl der Menschen setzen. Justin Welby, früher Ölmanager und jetzt Kirchenfürst, ist ein Anwalt der Armen, geißelt die Finanzbranche und hat bereits bei Konfliktlösungen und Versöhnungsansätzen in Afrika und im Nahen Osten geholfen.
Laut Angaben der vermittelnden Nachbarstaaten, haben Präsident Kiir und sein Gegenspieler Machar ein Ende des Machkampfes beschlossen. Das Abkommen könnte noch heute unterzeichnet werden. Die Schlichtungsgespräche in Addis Abeba laufen schon seit Anfang Januar, zwei Wochen nach Ausbruch der blutigen Gefechte im jüngsten Staat der Erde, die tausende Menschenleben kosteten und eine halbe Million in die Flucht trieben.
Nach Bor ist nun auch die Stadt Malakal wieder in Händen der Regierung. Das zertrümmerte Bor ist eine Geisterstadt geworden; bei den Kämpfen in Malakal hat die Regierung im Nachbarstaat Sudan aus humanitären Gründen den Flüchtlingsströmen die Grenze geöffnet. Die Rebellen kontrollieren noch große Landstriche in den Provinzen Upper Nile und Jonglei. Der Konflikt geht brutal und unvermindert weiter.
Zwischen 200 und 300 Zivilisten, die vor den Kämpfen in der Stadt Malakal flohen, kamen um, als die überladene Fähre sank. Malakal, am Weißen Nil, ist Tor zu den Ölfeldern vom Upper Nile Bundesstaat und immer wieder umkämpft. Inzwischen wurden die Friedengespräche in Addis Abeba wieder aufgenommen, diesmal im Tanzsaal des Gaslight Nachtklubs.
Weil die Bewohner von Bentiu (im ölreichen Bundesstaat Unity) eine Zurückeroberung durch Regierungstruppen fürchten, verlassen sie die Stadt zu Tausenden. Die Verhandlungen über eine Waffenruhe stocken wegen politischen Gefangenen, Anhänger von Machar, die Präsident Kiir nicht freilässt. Eine Delegation der Sant’Egidio Basisgemeinschaft ist nach Addis Abeba gereist, um ihre Dienste in der Suche nach Frieden anzubieten.
In dem zähen Machtkampf zwischen Präsident Kiir und seinem früheren Vize Machar sind Tausende auf der Flucht. Von der umkämpften Stadt Bor im Jonglei Bundesstaat sind Bewohner der Dinka Ethnie in langen Booten über den Weißen Nil geflohen, um sich im sicheren Awerial unter dem erstbesten Baum niederzulassen. Meilenweit ist nun das westliche Nilufer belegt. Nahrung, Trinkwasser und Medizin für 75,000 sind extrem knapp, und Krankheit droht überall. Doch auf der andern Nilseite wütet der Krieg und die in Äthiopien angefangenen Verhandlungen kommen nur schleppend voran.
Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen regierungstreuen Dinka-Truppen, die Präsident Silva Kiir unterstützen, und Nuer-Milizen des ehemaligen Vize-Präsidenten Riek Machar haben von Juba aus auf andere Teile des Landes übergegriffen. In Bor meuterten Soldaten unter der Führung des Nuer-Kommandante Peter Gadet. US-Präsident Obama warnte vor einem Bürgerkrieg und schickte 45 Militärs nach Juba, um amerikanische Bürger zu schützen und evakuieren. Die Bundeswehr will 100 Deutsche ausfliegen. In Aboko im Bundesstaat Jonglei wurden drei indische UN-Soldaten gezielt ermordet. Nach einem drei-stündigen Gespräch mit Vertretern des Kirchenrats des Südsudan hat Präsident Kiir die Kirchen um Vermittlung im Konflikt gebeten.
Nach einer Nacht mit schweren Kämpfen in den Militärlagern der Hauptstadt Juba hat die Armee die Lage unter Kontrolle gebracht. Die Stadt Bor wurde von Rebellen eingenommen und auch aus Pibor wurden Kampfe gemeldet. Die UN-Mission in Juba spricht von Hunderten von Toten und 20,000 Flüchtlingen auf dem UN-Gelände. Präsident Salva Kiir beschuldigte seinen früheren Vize-Präsidenten Riek Machar, den er im Juli seines Amtes enthoben hatte, hinter dem Putschversuch zu stehen. Machar floh aus Juba und bestreitet aber eine Beteiligung am Konflikt. Der südsudanesische Kirchenrat bot seine Vermittlerdienste an. Seit mehreren Monaten eskalieren die Spannungen zwischen den beiden größsten ethnischen Gruppen der Dinka und der Nuer. Beobachter befürchten einen neuen Bürgerkrieg.