Zum ersten Mal seit Beginn der Kämpfe wollen sich Präsident Kiir und Machar heute in Addis Abeba treffen, um über einen Frieden zu verhandeln. Amnesty International wirft beiden „gezielte Angriffe“ auf die Zivilbevölkerung und unvorstellbare Gräueltaten vor. Ban Ki Moon, so wie US-Außenminister Kerry vor ihm, hatte starken Druck auf die Kriegsherren ausgeübt, während die Nachbarstaaten Vermittlung und Unterstützung angeboten haben.
Die Konfliktparteien haben sich in Addis Abeba geeinigt, zwischen 7. Mai und 7. Juni die Waffen ruhen zu lassen, damit zu Beginn der Regenzeit die Farmer ihre Felder bestellen können. Die Konsequenz eines totalen Ernteausfalls ist nicht auszudenken. Auch sind Hilfskorridore aus Äthiopien, Kenia und Sudan geplant, um die Bevölkerung des landumgebenen Südsudan zu versorgen. Trotz der erwarteten Entspannung sind in den letzten 72 Stunden 11,000 Südsudanesen über die äthiopische Grenze geflohen, als Regierungstruppen die Rebellenhochburg Nasir eroberten.
Der US-Außenminister Kerry warnt vor einem „Völkermord“, wenn die Konfliktparteien sich nicht einigen und Hassreden und Vergeltungsmorde aufhören. Die UN-Menschenrechtskommissarin Navy Pillay ist „schockiert“ über die sich abzeichnende Hungerkatastrophe, wenn eine Million Menschen gerade während der Aussaatzeit auf der Flucht sind. Sieben Millionen droht der Hunger und, laut UNESCO, könnten 50,000 Kleinkinder dieses Jahr an Unterernährung sterben.
Die Hoffnungen vor knapp drei Jahren sind geschwunden. Präsident Kiir hat plötzlich seinen Armeechef James Hoth Mai entlassen. Die neueren Rückschläge des Militärs könnten Grund dafür sein. Die Massaker eskalieren. Bei einem Angriff auf einen UN-Stützpunkt in Bor, wo tausende Flüchtlinge Zuflucht gesucht hatten, wurden 58 Menschen getötet. Hundert starben bei Streitigkeiten um Rinderherden, die bei dem Waffenüberfluss immer blutiger werden. Die schlimmsten Gräueltaten ereigneten sich nach der Einnahme der Ölstadt Bentiu, wo hunderte Menschen in Moschee, Kirche und Krankenhaus gezielt ermordet wurden. Der seit Mitte Dezember anhaltende Machtkampf zwischen Präsident Kiir und dem 2013 entmachteten Machar hat eine Million in die Flucht getrieben.
Einst Vize-Präsident, jetzt Anführer der Rebellen, Riek Machar, drohte, die Hauptstadt Juba einzunehmen und die reichen Ölfelder um Bentiu unter seine Kontrolle zu bringen. Erst wenn Präsident Salva Kiir gestürzt ist, wäre ein Ende des Bürgerkrieges in Sicht. In dem seit Dezember schwelenden Krieg sind mehrere Tausend Menschen getötet worden. Fast eine Million musste fliehen.
Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist tief besorgt über die schockierende Gleichgültigkeit der UN-Truppen (UNMISS) den Flüchtlingen in Juba gegenüber, die seit Ausbruch der Gewalt Schutz im UN-Lager suchen. Man müsse nicht nur Gewalt, sondern auch Epidemien von den Vertriebenen fernhalten. Das ohnehin sumpfige Gelände ist mit Beginn der Regenzeit, wenn hunderte Latrinen überschwemmt werden, ein wahre „Todesfalle“.
In den 100 Tagen seit Beginn der Kämpfe zwischen Anhängern von Präsident Kir und seinem Gegner Machar mussten über eine Million ihre Heimat verlassen: 800,000 im Binnenland und 255,000 in Nachbarländern wie Äthiopien, Kenia, Uganda und Sudan. 3,7 Mio. sind laut UNICEF von Mangelernährung, Hunger und Seuchen bedroht. Die Welthungerhilfe versucht im Bundesstaat Jonglei durch Lebensmittelbeschaffung und Impfungen das Schlimmste abzuwenden. Das Hilfsprogramm soll ausgeweitet werden.
Kirchen und Menschenrechtsorganisationen plädieren erneut um ein Ende der Kämpfe und den Schutz der leidenden Zivilbevölkerung. In den Wochen des Gemetzels haben sich beide Seiten schwerer Verbrechen schuldig gemacht. Laut Berichten der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ wurden Patienten in ihren Betten erschossen, ganze Krankenstationen niedergebrannt, medizinische Geräte geplündert und ein Krankenhaus in Leer sogar total zerstört. Die schlimmste Szene, die sich ihnen bot, war Malakal, Hauptstadt von Upper Nile, wo unzählige Leichen zwischen den verbrannten Häusern verstreut lagen. In dieser mutwilligen Zerstörung können die Ärzte kaum lebensrettende Hilfe leisten.
Kämpfe um Malakal, Hauptstadt des Bundesstaates Upper Nile, haben Friedenshoffnungen begraben. Die beiden Lager beschuldigen sich gegenseitig, die Waffenruhe gebrochen zu haben. Das staubige Marktzentrum, Tor zu den Ölfeldern der Region, hat seit Dezember schon mehrmals den Besitzer gewechselt, ein Inferno für die Bevölkerung.
Ban Ki Moon hat den neuerlichen Gebrauch von Streubomben scharf verurteilt. UN-Minenräumer haben auf der Straße zwischen der Hauptstadt Juba und Bor im Jonglei Staat Spuren dieser heimtückischen Waffe gefunden, die noch Monate nach den Kampfhandlungen eine konstante Bedrohung für die Bevölkerung vor Ort darstellt. Jedoch begrüßte Ban die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen und hofft, dass eine ausgehandelte Waffenruhe auch befolgt wird.